Im Jahr 2003 brachte es der Regierende Bürgermeister Wowereit auf den Punkt: Berlin ist arm aber sexy, sagte er in einem Interview mit dem Focus. Damit drückte er aus, was viele über die Stadt denken: Sie lebt weit über ihre Verhältnisse, ist aber auch die Kreativ-Hauptstadt und mittlerweile auch Sitz vieler international erfolgreicher Start-ups. Wenn man die Pro-Kopf-Verschuldung anschaut, dann ist Berlin ebenso schlecht dran wie die Stadt Detroit – Symbol für den Niedergang der amerikanischen Autoindustrie und Arbeiterklasse. Auf jedem Berliner lasten 21.000 Euro Schulden, nur in Bremen sind es noch mehr (34.000 Euro).
Trotz der hohen Schuldenlast ist Berlin aber nicht pleite, oder genauer gesagt: kann nicht pleite gehen. Ein Bundesland und auch ein Stadtstaat sind Gebietskörperschaften, die keinen Konkurs anmelden können, selbst wenn die Schuldenlast noch so hoch ist. Das ändert natürlich nichts daran, dass in Berlin das Geld an allen Ecken und Enden fehlt.
Hauptstadt sein ist teuer
Berliner Bürgermeister haben sich über alle Parteigrenzen hinweg immer damit entschuldigt, dass man Bundeshauptstadt sei. Man müsse Aufgaben erfüllen, die andere Städte nicht haben. So hat Berlin eine umfangreiche Kulturszene, die einiges kostet. Die Stadt hat aber auch viel Geld in Immobilien verloren, so musste sie große Projekte aus dem Osten übernehmen und renovieren. Die Konsolidierungspolitik des Bürgermeisters Diepgen sparte an der falschen Stelle, und die Infrastruktur wurde noch schlechter. Die Pleite der Bankgesellschaft belastete die öffentlichen Haushalte genauso wie der Rückzug des Bundes aus der Berlinhilfe.
Schließlich kommen noch mehr Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger als in anderen Städten und Bundesländer hinzu, die Quote liegt bei etwa 16 Prozent. Dem stehen wenige Firmen gegenüber, die Arbeitsplätze schaffen. Jede große deutsche Firma hat zwar eine Vertretung in der Bundeshauptstadt, produziert wird aber woanders. So bleiben Einnahmen aus der Gewerbesteuer aus, aber auch der Anteil aus der Umsatzsteuer. Gleichzeitig finden die neuen Start-ups keine qualifizierten Mitarbeiter und müssen diese aus dem Ausland holen, was auch die Mieten hochtreibt. Wer diese nicht bezahlen kann, holt sich Hilfe bei der Stadt.
Stadt hat Überschuss erwirtschaften können
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die Schulden gehen langsam zurück und die Stadt erwirtschaftet sogar Überschüsse. Zwar müssen immer noch 59 Milliarden Euro an Krediten zurückgezahlt werden, ein Haushaltsüberschuss von zwei Milliarden Euro wie in 2017 kann dabei aber durchaus helfen. Einen Großteil des Geldes will man wohl in der Tat in die Schuldentilgung stecken, etwa die Hälfte, wie der Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen erklärte. Das ist so auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben, allerdings haben Grüne und die Linke schon erklärt, nochmal über die Verwendung diskutieren zu wollen. Berlin wäre nicht Berlin, wenn hier nicht Politik immer etwas schwieriger ist als in anderen Städten und Bundesländer. Manche haben die Stadt sogar als unregierbar bezeichnet, weil sie so vielschichtig und besonders ist.